
We missed you dearly, LANGE NACHT 2020!
Wir können einfach nicht ohne, darum die schönsten Momente der LANGEN NACHT der letzten Jahre.
Seit 1952 vereint das Museum Rietberg einzigartige Kunst unterschiedlichster Kulturen der Welt an einem Ort. Doch wie und auf welchen Wegen kommen die Objekte ins Museum? Diesen und weiteren Fragen rund um die Objektbeschaffung widmet sich die neue Ausstellung «Wege der Kunst – Wie Objekte ins Museum kommen». Eröffnet wird die Ausstellung am 17. Juni 2022. Wir haben bereits vorher bei Esther Tisa – die Kuratorin der Ausstellung – nachgefragt und sie hat uns einen Blick hinter die Ausstellung werfen lassen.
Esther Tisa, mit der Ausstellung «Wege der Kunst» spürt das Museum Rietberg den Wegen der Objekte nach. Sie zeigt anhand von 20 Stationen auf, wer an den Erwerbungen sowie am Handel beteiligt war und wem die Werke gehörten, bevor sie ins Museum gelangten. Können Sie aufzeigen, wie ein Weg eines Objekts vom Besitzer, von der Besitzerin bis zu Ihnen konkret aussehen kann und wie unterschiedlich solche Wege sind?
Die Wege der Kunst, also der Objekte ins Museum, sind tatsächlich so vielfältig wie die Kunstwerke selbst. Manche Kunstwerke gingen durch zahlreiche Hände, was wir lückenlos belegen können – andere Objektgeschichten werfen wegen fehlender Informationen Fragen auf, was uns weiter beschäftigen wird. «Wege der Kunst – Wie Objekte ins Museum kommen» ist ein Schritt, die Sammlungsgeschichte offenzulegen, und der Anfang eines neuen Umgangs mit den Sammlungen.
Wie der Weg eines Objekts zu uns ins Museum Rietberg aussieht, zeigt beispielsweise die renommierte Sammlung von japanischen Nō-Masken, d. h. Masken, die für die Auftritte im traditionellen und jahrhundertealten Nō-Theater eingesetzt wurden. Im Jahr 1991 erhielt das Museum eine Schenkung von 34 wertvollen Nō-Masken aus der Sammlung des Schweizers Georg Reinhart. Wiederum hatte Reinhart die Masken in den 1920er-Jahren aus dem Nachlass seines Bekannten Ernst Grosse erhalten, eines deutschen Wissenschaftlers. Reinhart, Teilhaber der Winterthurer Textilfirma der Gebrüder Volkart, war geschäftlich mehrere Male in Asien und hatte dabei Nō-Aufführungen besucht, bei denen Schauspieler durchgehend mit Masken und in prachtvollen Kostümen auftraten. Reinhart wusste, dass Ernst Grosse kurz nach der Jahrhundertwende, ab 1907, die Maskensammlung vor Ort von der Fürstenfamilie Maeda erworben hatte. Die japanische Gesellschaft befand sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert im Wandel, die grossen Fürstenhäuser verloren an Einfluss und verkauften ihre Schätze. Die Masken gehörten zu einem streng gehüteten Schatz wertvoller Objekte, den Grosse nur mit wenig Eingeweihten teilte. Das Ehepaar genoss die Masken an Abenden, an denen Grosses Ehefrau Yasu sie zu einem Kimono anzog. Sie war überglücklich, als sie nach dem Tod ihres Mannes die Masken Reinhart verkauften konnte – sie wollte sie keinem Museum geben, um sie «in den Schaukästen gleich einer Briefmarkensammlung ein tristes Dasein» fristen zu lassen.
Nach mehreren Jahrzehnten in Reinharts Privatbesitz sind die Masken – mit dem eindrucksvollen Lackkasten, den Aufbewahrungsbeuteln aus purpurfarbener Seide und seinen Notizen – nun dennoch in einem Museum gelandet. Da erzählen sie nicht nur von der Bühne des Nō-Theaters, sondern in «Wege der Kunst» auch vom Bedeutungswandel und von unterschiedlichen Präsentations- und Verwendungsformen. Dadurch sind die Nō-Masken nicht mehr nur einigen Auserwählten zugänglich, sondern der breiten Öffentlichkeit.
Im Fokus der Ausstellung stehen also die Objektbiografien. Eng damit verbunden aber auch die vielschichtigen Begegnungen und Beziehungen zwischen Menschen, Institutionen und Ländern. Wie können wir uns das vorstellen?
Richtig, in «Wege der Kunst» stehen die sogenannten Objektbiografien im Mittelpunkt. Dabei gilt unsere besondere Aufmerksamkeit den Provenienzen, d. h. den vorherigen Besitzer*innen. Besitzwechsel ist eine Folge von Begegnungen und häufig von Beziehungen. Dabei erfahren die Objekte zumeist einen Bedeutungswandel. Viele von ihnen waren ursprünglich nicht für eine Präsentation im Museum geschaffen, sondern für ganz andere Kontexte wie religiösen oder zeremoniellen Gebrauch, dekorativen Zweck oder eine konkrete Funktion im Alltag. Später wurden Kunstwerke und Objekte Gegenstand der Forschung, dienten sozialem Prestige oder der privaten Liebhaberei.
Ein weiteres Beispiel für die Verflechtung von Menschen und Geschichten ist eine Skulptur aus Bronze mit Löwenköpfen aus Luristan im heutigen Iran, die rund 3000 Jahre alt ist. Vor zwei Jahren hat das Museum Rietberg eine Schenkung mit mehreren Objekten aus Luristan bekommen, die noch im Besitz der Familie des Sammlers Rudolf Schmidt waren. Schmidt war fasziniert von Bronzen jener Herkunft und stand deshalb sowohl in den 1930er-Jahre mit dem Pariser Kunstmarkt in Beziehung, als auch mit einem iranischen Kunsthändler, Ayoub Rabenou. Dank seiner Vermittlung bereiste Schmidt das schwierig zugängliche Luristan-Gebirge für mehrere Monate und besuchte Ausgrabungsstätten, wobei er auch umfangreich in Teheran Kunstwerke erwarb. Als Indiz für den Kauf der Löwenskulptur dient u. a. auch deren lackierter Sockel. Er ist historisch und auf den künstlerisch tätigen, japanischen Tischler, d. h. den Ebenisten Kichizo Inagaki zurückzuführen, der in den 1920er-Jahren hochwertige Sockel für Pariser Künstler*innen und Galerist*innen anfertigte. Wie man sieht, kreuzen sich an jedem Objekt Leben, Leidenschaften und Tätigkeiten mehrerer Personen, die wir recherchieren.
Die Ausstellung zeigt auch, dass in der Schweiz erst ab Mitte des 20. Jh. ein professioneller Kunsthandel entstand und die Sammler*innen vorwiegend in den europäischen (Kolonial-)Metropolen oder auf eigenen Reisen einkauften. Noch steckt die Kunstmarktforschung zu nichtwestlichen Objekten in den Anfängen und wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
Indem sich das Museum Rietberg kritisch mit seiner Sammlungsentstehung auseinandersetzt, leistet es einen Beitrag zu einer gesellschaftlich relevanten Debatte im Umgang mit den Sammlungen und deren Geschichte. Können Sie uns mehr dazu erzählen?
Das Thema des Umgangs mit aussereuropäischen Sammlungen bewegt die Öffentlichkeit: Wie werden die Objekte in den Museen des Globalen Nordens ausgestellt? Welche Geschichten erzählen die Museen? Sind sie transparent? Sind sie zugänglich? Welche Erwerbskontexte stecken hinter den Kunstwerken?
Das Museum Rietberg betreibt seit 2008 Provenienzforschung und setzt sich kritisch mit seinen Sammlungen und der eigenen Geschichte auseinander. Das hat es auch in einer Ausstellung 2013 zu seinem Gründungssammler Eduard von der Heydt wie in weiteren Ausstellungen gezeigt.
Wir sensibilisieren mit dieser Ausstellung auf weitere Kontexte in Bezug auf die Herkunft der Werke und Objekte. Zudem bieten wir einen differenzierten Blick auf Ankäufe, Sammler*innen und den Kunstmarkt, der gerade für ein Kunstmuseum wie für das unsrige eine zentrale Rolle spielt. Wir zeigen Forschungsergebnisse aus spannenden, kollaborativen Projekten wie der «Benin Initiative Schweiz», in denen wir unsere Sammlungsgeschichte mit Wissenschaftler*innen und Verteter*innen aus den Herkunftsländern der Objekte gemeinsam erarbeiten – als eine geteilte Geschichte. Dabei geht es nicht nur um die Geschichten, die aus neuen Perspektiven erzählt werden, sondern auch den zukünftigen Umgang mit den Kunstwerken. Die Ausstellung inspiriert Besuchende dazu, neue Fragen an die Kunstwerke zu stellen und ihre Präsentation im Museum mit einem neuen Blick zu sehen.
Wir können einfach nicht ohne, darum die schönsten Momente der LANGEN NACHT der letzten Jahre.
Mit den kleinen Rackern ins Museum! Tipps für einen gelungenen und garantiert stressfreien Besuch.
Zum Tag des Lächelns nehmen wir uns Carl Reiners Worte zu Herzen – und zeigen, was es in den Museen zum Schmunzeln gibt.
Weil heute Weltspartag ist, erfahrt ihr, in welchen Zürcher Museen der Eintritt gratis ist.